Arbeitnehmer

Regelmäßige Arbeitsstätte (bis einschl. VZ 2013)

Bei beruflich bedingter Abwesenheit von der regelmäßigen Arbeitsstätte können die hierdurch bedingten Reiskosten steuermindernd als Betriebsausgaben oder Werbungskosten geltend gemacht werden. Hierzu zählen die Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe der zulässigen Pauschbeträge (LStR R 9.4 – R 9.8) und die Entschädigung für die Nutzung eines privaten Pkw in Höhe von 0,30 € je gefahrenen Kilometer (gesamte Fahrtstrecke).

Im Gegensatz hierzu können für die Fahrten zur regelmäßigen Arbeitsstätte keine Mehrverpflegungsaufwendungen und nur die Entfernungspauschale in Höhe von 0,30 € je Entfernungskilometer (einfacher Weg) steuermindernd geltend gemacht werden.

Definition "regelmäßige Arbeitsstätte"
Insoweit ist es von erheblicher Bedeutung, ob es sich um das aufgesuchte Ziel um die (oder bisher eine) regelmäßige Arbeitsstätte oder nur einen anderen Arbeitsort im Rahmen einer Dienstreise handelt.

Ein Filialleiter einer Supermarktkette der wöchentlich regelmäßig drei Supermärkte aufsucht, um dort zu arbeiten, hatte bis dato drei regelmäßige Arbeitsstätten und konnte somit nur den verminderten Kilometersatz nach der Entfernungspauschale steuermindernd geltend machen. Mit seinen Entscheidungen vom 9. Juni 2011 (Urteile gem. Az. VI R 55/10, VI R 36/10 und VI R 58/09) hat der Bundesfinanzhof seine bisherige Rechtsprechung zur „regelmäßigen Arbeitsstätte“ grundlegend geändert. Demnach hat ein Arbeitnehmer nur eine regelmäßige Arbeitsstätte oder ggf. wie bei Montagearbeitern überhaupt keine.

Die Folge für unser Filialleiterbeispiel ist, dass nur eine Filiale als „regelmäßige Arbeitsstätte“ zu definieren ist und es sich bei den Fahrten zu den beiden anderen Filialen um Dienstreisen handelt mit den entsprechenden steuerlichen Folgen. Nach der Definition des Bundesfinanzhofes ist eine regelmäßige Arbeitsstätte eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, die der Arbeitnehmer dauerhaft regelmäßig aufsucht (vergl. BFH-Urteile vom 11.05.2005 und VI R 25/04, vom 04.04.2008, VI R 85/04). Bei mehreren Arbeitsstätten bestimmt sich die „regelmäßige Arbeitsstätte“ zukünftig nach der Arbeitsstätte, die überwiegend aufgesucht wird oder ggf. auch nach entsprechenden Regelungen im Arbeitsvertrag.

Eine Betriebsstätte des Arbeitgebers, die zwar regelmäßig aber nur von kurzer Dauer zur Erledigung von nebensächlichen Dingen (Berichte abliefern etc.) aufgesucht wird, ist nach der BFH Entscheidung (BFH 09.06.2011 - VI R 58/09) ebenfalls keine regelmäßige Arbeitsstätte. Dies trifft insbesondere die Außendienstmitarbeiter, die den wesentlichen qualitativen Teil ihrer Arbeitsleistung im Außendienst beim Kunden oder auf Montage etc. erbringen. Auch in diesen Fällen verfügt der Arbeitnehmer über keine regelmäßige Arbeitsstätte.

Soweit keine der Arbeitsstätten eine entscheidende Bedeutung zukommt und auch sonst nichts dafür spricht, dass es sich bei einer der Arbeitsstätten um die „regelmäßige Arbeitsstätte“ handelt, hat der Arbeitnehmer keine „regelmäßige Arbeitsstätte“. In diesen Fällen können, wie bei Monteuren und sonstigen Außendienstmitarbeitern alle Fahrtaufwendungen ab dem Wohnsitz des Arbeitnehmers wie bei Dienstreisen mit dem KM-Satz von 0,30 € je gefahrenen Kilometer steuermindernd geltend gemacht werden. Dies als Werbungskosten im Rahmen der Einkommensteuererklärung des Arbeitnehmers, aber auch als direkter Fahrtkostenersatz durch den Arbeitgeber (soweit dieser hierzu bereit ist) im Rahmen der Betriebsausgaben. Die Neuregelung trifft insbesondere auch für Busfahrer, Rettungssanitäter, Flugbegleiter, Zugbegleiter, Pflegedienste, Montagearbeiter, sämtliche Außendiensmitarbeiter und ähnliche Tätigkeiten zu.

Der Bundesfinanzhof hatte bereits mit Urteil vom 09.07.2009 (Az. VI R 21/08) entschieden, dass es sich bei einem Arbeitsplatz beim Kunden des Arbeitgebers, nicht um eine Betriebsstätte des Arbeitgebers und damit auch nicht um eine „regelmäßige Arbeitsstätte“ handelt.

Auch Auszubildende haben nur eine regelmäßige Arbeitsstätte und das ist der Arbeitsplatz. Bei der Berufsschule handelt es sich nicht um eine Arbeitsstätte des Arbeitgebers, auch wenn der Schulbesuch Bestandteil des Ausbildungsarbeitsverhältnisses ist. Die Fahrtkosten zur Schule können demnach ebenso mit dem erhöhten KM-Satz berechnet werden. Bei Studenten die ihre Aufwendungen als vorweggenommene Werbungskosten oder Sonderausgaben steuermindernd geltend machen möchten, ist jedoch der Studienort, also die Universität, die regelmäßige Ausbildungsstätte und hier kann nur die Entfernungspauschale in Höhe von 0,30 € je Entfernungskilometer als Aufwand berechnet werden. Die geänderte Rechtsprechung ist auf alle offenen Fälle (nicht bestandskräftige Steuerbescheide) anzuwenden.

Das Bundesfinanzministerium hat seine Auffassung zur Anwendung der geänderten Rechtsprechung in seinem Schreiben vom 15.12.2011 dargelegt und führt hierzu aus: "Der Arbeitgeber kann von einer regelmäßigen Arbeitsstätte ausgehen, wenn der Arbeitnehmer aufgrund arbeits- oder dienstrechtlicher Vereinbarungen einer Arbeitgebereinrichtung dauerhaft zugeordnet ist. Insofern kann also die arbeitsvertragliche Ausgestaltung für die Bestimmung der regelmäßigen Arbeitsstätte maßgeblich sein. Alternativ hierzu kann von einer regelmäßigen Arbeitsstätte ausgegangen werden, wenn der Arbeitnehmer in einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers arbeitstäglich, je Arbeitswoche einen vollen Arbeitstag oder mindestens 20 % seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll. Dies stellt wiederum eine Prognoseentscheidung dar. Hierbei kommt es insbesondere auf das Tätigwerden an. Das bloße Post-, Material- oder Autoabholen dürfte wohl kein Tätigsein darstellen. Hier fehlt es an dem qualitativen Element, welches der BFH in seinen Urteilen ausdrücklich verlangt."

Die neue Beurteilung zur "Regelmäßigen Arbeitsstätte" ist auch für die Besteuerung der Fahrten zur Arbeitsstätte bei der Nutzung eines Firmenwagens von Bedeutung.

Regelungen ab 2014:
Der Gesetzgeber hat das Reisekostenrecht und damit verbunden die Verfahrensweise zur Entfernungspauschale ab VZ 2014 neugeregelt.

Hierzu das BMF-Schreiben vom 31.10.2013 zur zukünftigen Anwendung der Entfernungspauschale 

Dieter P. Gonze, Stb.

11.11.2013