Allgemein

Stundung von Steuer- und Abgabenschulden

Zum Zeitpunkt der Fälligkeit von Steuern und Abgaben kommt es nicht selten vor, dass der Zahlungsverpflichtete nicht in der Lage ist seinen Verpflichtungen nachzukommen. Ein Instrument des Zahlungsaufschubes ist der Antrag auf Stundung. Was in den früheren Jahren noch auf „Zuruf“ erfolgte, ist längst ein aufwändiges und genau zu führendes Verfahren. Letztlich ist das Finanzamt kein Gläubiger dritter Klasse und verpflichtet, die festgesetzten Steuern und Abgaben bei allen Bürgern gleichmäßig zu erheben. Es macht demnach keinen Sinn nur aus Bequemlichkeit einen lapidaren Stundungsantrag zu stellen. Dieser wird am Ende mehr Zeit und Geld kosten als er bringt. Die Stundungszinsen betragen 0,5 % je Monat (§ 234 AO) und sind bei Gewährung der Stundung zusätzlich zu entrichten.

Der Stundungsantrag ist vom Steuerpflichtigen oder Steuerberater zu stellen und muss alle für eine positive Stundungsentscheidung notwendigen Informationen und Belege enthalten.

Zum Gesetzeswortlaut:

§ 222 AO (Abgabenordnung) Stundung

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder teilweise stunden, wenn die Einziehung bei Fälligkeit eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint. Die Stundung soll in der Regel nur auf Antrag und gegen Sicherheitsleistung gewährt werden. Steueransprüche gegen den Steuerschuldner können nicht gestundet werden, soweit ein Dritter (Entrichtungspflichtiger) die Steuer für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten, insbesondere einzubehalten und abzuführen hat. Die Stundung des Haftungsanspruchs gegen den Entrichtungspflichtigen ist ausgeschlossen, soweit er Steuerabzugsbeträge einbehalten oder Beträge, die eine Steuer enthalten, eingenommen hat.

Aus der Formulierung „Die Finanzbehörden können“ ist abzuleiten, dass es sich um eine Ermessensvorschrift handelt. Es liegt im sachgerechten billigen Ermessen des Finanzbeamten/der Stundungsstelle, dem Antrag ganz oder teilweise stattzugeben oder ihn abzulehnen.

Lohnsteuer- und Umsatzsteuerbeträge werden in der Regel nicht gestundet, da diese treuhänderisch angenommen wurden und an das Finanzamt weiterzuleiten sind. Die Ausnahme bildet hier im Einzelfall eine fällige Umsatzsteuer (Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten) die wegen Zahlungsverzug des Schuldners noch nicht bezahlt wurde. Aber auch hier muss die fristgerechte Einziehung durch das Finanzamt eine erhebliche Härte darstellen.

Eine erhebliche Härte kann in folgenden Fällen vorliegen:

  • Steuernachforderung traf den Steuerpflichtigen völlige überraschend. Er konnte keine finanzielle Vorsorge treffen. Beispiele: Nachzahlung aufgrund von Steuerprüfungen
  • Der Steuerpflichtige befindet sich zurzeit aufgrund von unvorhersehbaren Umständen in einer finanziellen Notsituation. Beispiele: Kreditlinien wurden zurückgefahren, Forderungen sind ausgefallen, Umsatz- und Ertragseinbruch etc..

Eine Stundung durch das Finanzamt darf den Anspruch nicht gefährden. Dies bedeutet, dass das Finanzamt besser fährt, wenn die Steuerschuld zeitnah vollstreckt wird, als bei einem Totalausfall nach einer Stundung. Der Steueranspruch darf nicht gefährdet sein. Diesem Anspruch der Finanzverwaltung kann durch das Anbieten von Sicherheiten entgegengetreten werden. Hierzu gehören das ganz oder teilweise Abtreten von Forderungen oder Ansprüchen aus Vermögenswerten etc.. Auch die Belegung, das weiteres jedoch gebundenes Vermögen (Bsp. Immobilien) vorhanden ist, kann hier hilfreich sein. Soweit der Steuerschuldner jedoch bankkreditwürdig ist, wird keine Stundung gewährt, da er sich die Mittel bei seiner Bank beschaffen kann. Auch dies gilt es u. U. im Stundungsantrag zu begründen.

Beispiel „… die eingeräumten Kontokorrentlinien sind ausgeschöpft. Unsere Hausbank ist zu Gewährung weiterer Kreditmittel nicht bereit“.

Eine Drohung wie etwa „wenn ihr nicht stundet gehe ich in Insolvenz und ihr bekommt garnichts“ geht ins Leere und ist ohne Aussicht auf Erfolg. Gerade in diesem Fall darf das Finanzamt nicht stunden, da der Anspruch offenbar gefährdet ist.

Soweit die Stundung nicht auf einen Zahlungszeitpunkt zu einem konkreten Ereignis oder Zahlungseingang abstellt, ist ein Ratenzahlungsvorschlag zu unterbreiten. Dieser sollte einen Zeitraum von sechs Monaten nicht überschreiten. Ggf. ist kurz vor Ablauf des Zeitraums ein neuer Stundungsantrag für die Restrate zu stellen.

Beispiel: Steuerschuld 20.000 €

„…Wir sehen uns in der Lage eine mtl. Rate in Höhe von 2.000 € zu leisten. Die erste Rate zahlen wir am 1. 4.2011.

Ratenzahlungsplan:                 Schulden                   20.000 €

                                               1. 4.2011                     2.000 €

                                               1. 5.2011                     2.000 €

                                               1. 6.2011                     2.000 € 

                                               1. 7.2011                     2.000 € 

                                               1. 8.2011                     2.000 €

                                               1. 9.2011                   10.000 €

Die letzte Rate in Höhe von 10.000 € können wir aufgrund der bis dahin erwarteten Zahlungseingänge aus Forderungen begleichen…“

Der Antrag auf „technische Stundung“

Der Antrag auf technische Stundung setzt voraus, dass zum Einzug fällige Steuerschulden mit Steuervergütungsansprüchen/Steuerguthaben verrechnet werden können, die jedoch aus „technischen Gründen“ noch nicht festgesetzt wurden.

Beispiel:

Gem. Einkommensteuerbescheid 2009 sind am 20. 3.2011 Steuernachzahlungen in Höhe von 10.000 € fällig. Der Steuerpflichtige reicht am 15.3.2011 seine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2010 beim Finanzamt ein und hat hier einen Rückerstattungsanspruch in Höhe von 11.000 € errechnet. Das Finanzamt ist allein „technisch“ nicht in der Lage bis zum 20. 3.2011 die Veranlagung 2010 durchzuführen um das so festgesetzte Steuerguthaben zu verrechnen. Ein Antrag auf technische Stundung der Steuerschuld 2009 wird hier erfolgreich sein, soweit dieser ausreichend begründet wird.

Ausreichende Begründung (Fallbeispiel):

„Sehr geehrte Damen und Herren,

gem. der beigefügten Einkommensteuererklärung 2010 und der hierzu erstellten Steuerberechnung, ist mit einer Steuererstattung von insgesamt 11.000 € zu rechnen. Die Steuererklärung ist vollständig, alle Belege liegen bei. Laut Steuerbescheid 2009 vom 18. 2.2011 sind am 20. 3.2011 Steuernachzahlungen in Höhe von insgesamt 10.000 € fällig. Ich bitte Sie diesen Betrag bis zum Erlass des Einkommensteuerbescheides 2010 zu stunden.
……

Musterformulierung für einen Standardstundungsantrag

……

Gemäß Einkommensteuerbescheid 2007 vom 17. 3.2011 sind 11.537,60 € am 20. 4.2011 zur Zahlung fällig. Die Zahlung trifft mich völlig überraschend und resultiert aus einem anlässlich der durchgeführten Betriebsprüfung aufgedeckten Buchungsfehler. Aufgrund der angespannten Situation in meinem Unternehmen verfüge ich zur Zeit über keine liquiden Mittel um die Steuerschulden in einem Betrag auszugleichen. Der Einzug würde mein Unternehmen in die Zahlungsunfähigkeit führen. Ich beantrage die Gewährung einer Stundung in sechs gleichen Monatsraten. Die erste Rate zahle ich termingemäß zum 17. 3.2011 in Höhe von 1.922,93 €.

Ihr Steueranspruch ist nicht gefährdet. Als Sicherheit kann ich die Hinterlegung/die Abtretung von Ansprüchen aus…. (Beispiel LV, Bausparvertrag oder ähnliches) anbieten. … oder Alternativ ..

Ihr Steueranspruch ist nicht gefährdet. Das in meinem Eigentum befindliche Wohnhaus ist weitgehend unbelastet.

  

Dieter P. Gonze, Stb.

22. 3.2011

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