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Steuerliche Überlegungen zum Jahreswechsel für Privatpersonen


Noch vor Ablauf des Jahres können Entscheidungen getroffen oder Handlungen vollzogen bzw. unterlassen werden, die zu einer Steuerersparnis führen. Auch gilt es, Dinge zu überprüfen, die ggf. jeweils zum Jahreswechsel neu geregelt oder angepasst werden müssen. Ein persönlicher Check „Was ist im alten Jahr noch zu regeln?“ ist hier frühzeitig angeraten.

Hier eine Übersicht zu den wichtigsten Gestaltungsmöglichkeiten/Überlegungen aus der Sicht von Privatpersonen:

    Freiwillige Abgabe einer Einkommensteuererklärung – Fristablauf 2019!

Bürger, die unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind, aber nicht verpflichtet sind, eine Einkommensteuererklärung abzugeben, können einen Antrag auf Veranlagung zur Einkommen­steuer durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung stellen, die sogenannte „Antragsveranlagung“. Dies betrifft i.d.R. Arbeitnehmer und macht Sinn, wenn mit einer Steuererstattung gerechnet werden kann. Auch Rentner, von deren Kapitaleinkünften Zinsabschlagsteuer einbehalten wurde, können damit überprüfen lassen, ob sie nicht bereits zu viel Steuern gezahlt haben. Die Festsetzungsverjährung für die freiwillige Abgabe einer Einkommensteuererklärung beträgt vier Jahre. Damit kann in diesen Fällen für das Jahr 2019 nur noch bis zum 31.12.2023 eine Erklärung abgegeben werden.


    Antrag auf Verlustfeststellung – Verjährung

Wurde keine Einkommensteuer gezahlt und besteht auch keine Abgabepflicht, ist zu prüfen, ob steuerlich wirksame Verluste erzielt wurden, die es zu sichern gilt, um sie mit Einkünften in den Folgejahren oder ggf. mit dem Vorjahr zu verrechnen. Dies trifft beispielsweise bei Durchführung einer zweiten Berufsausbildung, eines Aufbaustudiums oder überhaupt eines Studiums nach vorangegangenem Abschluss einer Lehrausbildung zu. Bei den hier entstehenden Ausbildungskosten (Semestergebühren, Lehrgangsgebühren, Fachliteratur, Arbeitszimmer, Fahrtkosten zu Seminaren und Lerngemeinschaften etc.) handelt es sich um Werbungskosten, die in direktem Zusammenhang mit später zu erzielenden Einnahmen stehen. Die Aufwendungen sind zu ermitteln und es ist eine Einkommensteuererklärung (Formular) abzugeben.

Wichtig:
Auf der Formularseite 1, oben, muss das Feld „Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages“ angekreuzt werden, um zu einem Verlustfeststellungsbescheid zu gelangen.

Wurden im Vorjahr Steuern gezahlt, kann der Verlust auf das Vorjahr zurückgetragen werden. Ansonsten erfolgt der Vortrag in die Folgejahre. Ein so festgestellter Verlust von 5.000 € kann dann in den Folgejahren beispielsweise bei einem Grenzsteuersatz von 35 % zu einer Steuererstattung von 1.750 € führen. Die Verjährungsfrist zur Antragstellung ist umstritten. Wichtig ist, dass für das betreffende Jahr des Verlusts bisher noch keine Einkommensteuererklärung abgegeben wurde bzw. dieser Bescheid noch nicht bestandskräftig ist. Für diese Fälle kann auch noch ein Antrag für (bis zu sieben) frühere Jahre abgegeben werden.


    Lohnsteuerklasse und Freibeträge noch korrekt?

Verheiratete sollten überprüfen, ob die Wahl der Steuerklassenkombination noch richtig ist (IV/IV oder III/V). Zu viel gezahlte Steuer kann zwar über die Einkommensteuererklärung zurückgefordert werden, aber bei Arbeitsplatzverlust oder Krankheit kann die falsche Steuerklasse zu erheblichen finanziellen Einbußen führen. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld, Krankengeld, Elterngeld und andere Lohnersatzleistungen orientiert sich meist am Nettoentgelt des Betroffenen. Durch die Steuerklassenwahl und die Eintragung von Freibeträgen kann das Nettoentgelt positiv beeinflusst werden.

Wichtig:
Erfolgt bei Verheirateten/Lebenspartnerschaften eine Trennung noch vor dem 01.01.2024, so besteht ab 2024 kein Anspruch mehr auf die Steuerklassenkombination III/V.


Auch ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Eintragung von Steuerfreibeträgen (Antrag auf Lohnsteuerermäßigung) noch bestehen oder erstmals vorliegen. Der Antrag kann für zwei Jahre gestellt werden und ist dann ggf. neu zu stellen. Alleinerziehende haben Anspruch auf die Steuerklasse II und nutzen damit den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende. Dieser Anspruch besteht jedoch nicht mehr, sobald ein Lebenspartner oder ein anderer Erwachsener zum Haushalt gehört.

Hinweis:
Arbeitnehmer sind verpflichtet, ihre Steuerklasse ändern zu lassen, sobald die Voraussetzungen für die Gewährung von Steuervergünstigungen nicht mehr vorliegen.


    Einnahmen- und Ausgabenverschiebung

Das Verschieben von Einnahmen in spätere Zeiträume und das Vorziehen von Ausgaben in das aktuelle Steuerjahr kann in einer Reihe von Praxisfällen sinnvoll sein und im Einzelfall zu einigen Tausend Euro Steuerersparnis führen.

Starten wir mit dem Erhalt einer Arbeitnehmerabfindung, die zum ermäßigten Steuersatz nach der sogenannten Fünftelregelung besteuert werden soll. Hier kommt es für die Besteuerung der Abfindung auf die übrigen Einkünfte des Steuerpflichtigen an. Ist er beispielsweise Eigentümer eines Mietshauses oder einer Eigentumswohnung, die vermietet ist, könnte durch ein Vorziehen von Ausgaben der Steuersatz im Jahr der Abfindung abgesenkt werden. Dies ist auch von Vorteil, soweit die Fünftelregelung nicht zur Anwendung kommt. Ziel ist es, den Grenzsteuersatz im Jahr der Abfindungszahlung zu senken. Auch die Einnahmeverlagerung durch legale Auswahl eines anderen Auszahlungszeitpunkts gilt es hier abzuprüfen.

Der Werbungskosten-/Arbeitnehmer-Pauschbetrag liegt 2023 bei 1.230 €. Wird dieser z.B. bereits durch die Fahrtkosten (Entfernungspauschale) überschritten, lohnt es sich, auch noch im alten Jahr Ausgaben für Arbeitsmittel, Seminare etc. zu tätigen. Ansonsten können diese Ausgaben auch in das nächste Jahr verschoben werden.

Die steuerbegünstigten Handwerkerarbeiten und Dienstleistungen rund um den Privathaushalt sind durch Höchstbeträge begrenzt (Lohnanteil: 6.000 € p.a.). Hier kommt es jedoch auf den Zeitpunkt der Zahlung und nicht auf den Zeitpunkt der Ausführung der Arbeiten an. Insoweit ist bei Handwerker- und Dienstleistungen im Privathaushalt, die sich über den Jahreswechsel hinweg erstrecken, zu prüfen, inwieweit durch Anzahlungen oder Verschiebung der Schlusszahlung die steuerlichen Höchstbeträge besser ausgenutzt werden können. Bei den außergewöhnlichen Belastungen wie Arztaufwendungen, Zahnersatz, Brille, Scheidungskosten etc. ist jeweils die zumutbare Eigenbelastung in Abzug zu bringen. Aus diesem Grund sollten die Zahlungen hierfür in einem Jahr zusammengefasst und nicht auf zwei Jahre verteilt werden. Es ist ungeschickt, wenn Ehegatten ihre altersbedingten und preisintensiven Zahnreparaturen über zwei Jahre ziehen. Zumindest die Zahlungen sollten in einem Jahr erfolgen, um die zumutbare Eigenbelastung deutlich zu übersteigen und eine steuerliche Wirkung zu erzielen. Steht beispielsweise im Frühjahr die Anschaffung einer neuen Brille oder gar eines teuren Hörgeräts an und sind im lfd. Jahr bereits hohe Arztkosten angefallen, so sollte geprüft werden, ob das Vorziehen dieser Ausgaben zu einer zusätzlichen Steuererstattung führt. Sondervorauszahlungen von Krankenkassenbeiträgen sind in diesem Zusammenhang auch zu prüfen.

Wichtig:

Ihre persönliche Grenzsteuerbelastung in der Einkommensteuer sollten Sie kennen. Damit lässt sich einfach rechnen. Liegt diese beispielsweise (Einkommensteuer, Soli und Kirchensteuer) bei 40 %, so ist erkennbar, dass beispielsweise 1.000 € mehr Werbungskosten oder Instandhaltungskosten am Mietshaus zu 400 € weniger Steuern führen. Umgekehrt führen höhere Einnahmen zu einer entsprechenden Mehrsteuerbelastung.

  • Kapitalanleger/Sparer

    Bei den Einkünften aus Kapitalvermögen bleibt ab 2023 ein Betrag von bis zu 1.000 € (Sparer-Pausch­betrag) steuerfrei. Bei zusammen veranlagten Ehegatten/Lebenspartnern verdoppelt sich dieser Betrag auf 2.000 € (§ 20 Abs. 9 EStG). Hierzu ist dem jeweiligen Anlageinstitut ein Freistellungsauftrag zu erteilen. Die maximale Summe der erteilten Freistellungsaufträge darf den Sparer-Pauschbetrag (1.000 €/2.000 €) nicht übersteigen. Soweit die Freistellungsaufträge bis dato nicht optimal verteilt waren, sollte dies kurzfristig berichtigt werden, um zumindest für 2023 den Sparer-Pauschbetrag voll auszuschöpfen.

    Beim Spekulieren/Handel mit Aktien/Wertpapieren sollte geprüft werden, inwieweit durch die Realisierung von Verlusten diese mit steuerpflichtigen Gewinnen verrechnet werden können. Hierzu ist ein Verkauf der Papiere (Papiere mit fallenden Kursen) vor dem Jahreswechsel erforderlich. Soweit das Papier dennoch interessant ist, kann sofort ein Wiederankauf erfolgen. Ob sich das lohnt, gilt es durchzurechnen.

    Erfolgen Wertpapieranlagen bei verschiedenen Anlageinstituten und wurden bei einem Anlageinstitut bis dato nur Verluste (Aktien-, Fonds-, Optionsverluste u.a.) erwirtschaftet, aber im gleichen Zeitraum bei einem anderen Anlageinstitut Gewinne erzielt, können diese auf einfachem Weg nicht miteinander verrechnet werden. Die Verluste werden vom Anlageinstitut automatisch in das nächste Jahr vorgetragen, soweit nicht bis zum 15.12. bei dem betreffenden Anlageinstitut ein Antrag auf Erteilung einer Verlustbescheinigung gestellt wird. Mit der Verlustbescheinigung kann dann im Rahmen der Einkommensteuererklärung eine Verrechnung mit den Gewinnen bei dem anderen Anlageinstitut durchgeführt werden. Verlustverrechnungsmöglichkeiten wurden seit dem 01.01.2020 weiter eingeschränkt und im Falle von Termingeschäften auf  € 10.000 je Kalenderjahr begrenzt.

    Wurden Lebensversicherungen vorzeitig gekündigt, so ist zu prüfen, ob die hierbei ggf. erzielten Verluste mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden können. Riester- und Rürup-Zahler sollten prüfen, ob die Höchstförderung ausgeschöpft wurde oder noch Einzahlungen vor Jahresende sinnvoll sind.

  • Immobilieneigentümer als Vermieter

Hier können ggf. Ausgaben vorgezogen werden, um die Steuerlast im lfd. Jahr noch zu senken.

Wichtig:
Mietverträge mit Angehörigen, die steuerliche Wirkung entfalten, sollten überprüft werden. Werden die gewünschten Ziele noch erreicht? Bei einer steuerlich wirksamen Vermietung an Angehörige ist der Vergleich mit der ortsüblichen Miete im Rahmen der steuerlichen Regeln im Auge zu behalten. Sicherheitshalber sollte die Miete bei 70 % der ortsüblichen Miete liegen. Seit 2021 ist aber auch eine ortsübliche Miete in Höhe von mindestens 50 % möglich, solang eine positive Totalüberschussprognose vorliegt. Im Einzelfall kann ab dem nächsten Jahr die unentgeltliche Überlassung unter Beteiligung an den tatsächlichen Ausgaben günstiger sein. Dies ist zu prüfen.

  • Heiraten vor dem Jahresende?

    Das „Jawort“ vor dem Jahreswechsel kann zu erheblichen Steuervergünstigungen bei der Ein­kommensteuer und der Erbschaft-/Schenkungsteuer führen. Dies ist im Einzelfall zu prüfen. Wichtig ist, dass eine Hochzeit noch vor dem Jahresende einkommensteuerlich Wirkung für das ganze Jahr 2023 zeigt. Übrigens, auch Hochzeiten im Ausland, die noch im alten Jahr erfolgen und dann im neuen Jahr beim deutschen Standesamt eingetragen werden, entfalten steuer­liche Wirkung für das Jahr, in dem die Auslandshochzeit stattgefunden hat. Dies betrifft zumindest die klassischen Hochzeitsländer wie die USA u.a. Im Zweifel sollte dies im Vorfeld geprüft werden. Das als Hinweis, soweit die Zeit für eine Inlandshochzeit zu knapp wird.

Stand Oktober 2023