Ehegatten
Scheidungskosten/steuerliche Folgen der Ehescheidung
Die steuerlichen Folgen, Probleme und Fragen im Rahmen einer Ehescheidung sind vielschichtig und begleiten die Betroffenen vom Zeitpunkt der häuslichen Trennung bis zum Vollzug der getroffenen Scheidungsfolgevereinbarungen. Die frühzeitige Einbindung eines steuerlichen Beraters zur Gestaltung der Gütertrennungsvereinbarungen und Scheidungsfolgeregelungen neben dem obligatorischen Rechtsanwalt ist je nach der Vermögenslage dringend angeraten. Die drei regelmäßig zu Streit zwischen Parteien führenden Bereiche Vermögensauseinandersetzung, Versorgungsausgleich und nachehelicher Unterhalt können im Einzelfall - steuerlich betrachtet - derart unvorteilhaft im Wege der ehelichen Auseinandersetzung geregelt werden, dass am Ende für beide Parteien deutlich weniger übrig bleibt als bei einer steueroptimierten Lösung. Hierbei stellen die rechtzeitige Umstellung der Steuerklasse von der Kombination 3/5 auf 4/4 oder später 1/1 und die Prüfung inwieweit sich das sogenannte „Realsplitting“ lohnt, noch die kleineren Probleme dar. Im Rahmen der Aufteilung oder des Verkaufs von Immobilienbesitz gilt es, Übertragungsvorgänge hinsichtlich ihrer steuerlichen Wirkung auf Abschreibungen, Finanzierungsregelungen und etwaigen zu realisierenden Veräußerungsgewinnen (angedachter Verkauf / neue 10-Jahresfrist!) zu beurteilen und Gestaltungsmöglichkeiten zu nutzen. Das Gleiche gilt für den Versorgungsausgleich soweit sich dieser nicht nur auf die Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung beschränkt.
Mit Urteil vom 15.12.2015 hat das Finanzgericht Münster lt. Pressemitteilung Nr. 13 vom 15.12.2015 entschieden (FG Münster 7 K 453/15 E) dass Ausgleichszahlungen an den geschiedenen Ehegatten im Rahmen des Versorgungsausgleich Werbungskosten bei den Einkünften aus Arbeitslohn darstellen können. Hierbei ging es um die Ausgleichszahlung für eine betriebliche Altersversorgung des Klägers die er an seine geschiedene Ehefrau geleistet hat. Durch die Ausgleichszahlung hat der Kläger weiter einen ungeschmälerten Anspruch auf seine betriebliche Altersvorsorge die im Rahmen der Einkünfte aus Arbeitslohn (§19 EStG) als Versorgungsbezüge der Einkommensbesteuerung unterliegen. Folgerichtig, stellen die hierfür aufgebrachten Mittel in Form der Ausgleichszahlung Werbungskosten dar. Der Bundesfinanzhof teilt diese - für den Betroffenen günstige - Rechtsauffassung in seiner bisherigen Rechtsprechung nicht. Nach der Neuregelung des §10 Abs. 1a Nr. ESTG sind Ausgleichszahlungen des Ehegatten zum Verzicht auf einen Versorgungsausgleich als Sonderausgaben abzugsfähig, soweit der Ehegatte diese zeitgleich als Einnahmen versteuert und er dieser Regelung zustimmt (analog zum Realsplitting gem. Anlage U). Diese Variante bietet jedoch nur einen finanziellen Ausgleich in Höhe der unterschiedlichen Einkommensteuerbelastung (Grenzsteuersatz) der Ehegatten. Soweit der Empfänger der Ausgleichszahlung nicht oder nur im geringen Umfang berufstätig ist, wird per Saldo in jedem Falle eine Steuervergünstigung realisiert.
Die Revision gegen das deutlich günstigere Urteil des Finanzgerichts Münster ist beim Bundesfinanzhof zugelassen. Die etwaige weitere Rechtsprechung hierzu bleibt abzuwarten.
Zur Frage der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Scheidungskosten (Rechtsanwalt, Amtsgericht u.a.) im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen ist es in den vergangenen Jahren zu erheblichen Veränderungen und unterschiedlichen Rechtsauffassungen zwischen Finanzverwaltung und den Finanzgerichten gekommen. Die seit 2013 geltende Gesetzesvorschrift (§33 Abs. 2 Satz 4 EStG) lautet „Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können“. Nach der Gesetzesänderung sträubt sich die Finanzverwaltung nun auch gegen die steuerliche Berücksichtigung der Scheidungskosten.
Nach Auffassung des FG Köln (Urteil vom 13.1.2016 - 14 K 1861/15) sind Scheidungskosten weiterhin als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig. Die Anerkennung der Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen begründet der 14. Senat des FG Köln in seinem Urteil damit, dass Rechtsanwalts- und Gerichtsgebühren eines Scheidungsverfahrens nicht unter den Begriff der Prozesskosten fielen. Dies ergebe sich sowohl aus der für Scheidungsverfahren geltenden Verfahrensordnung, wie auch aus der Entstehungsgeschichte der Neuregelung zum Abzugsverbot zu den Prozesskosten.
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 20.1.2016 VI R 70/12 klar dargelegt, dass die durch das Ehescheidungsverfahren entstandenen Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind. Dies gilt jedoch nicht bei im gleichen Prozess geregelten Auseinandersetzungen über das gemeinsame Vermögen und den nachehelichen Unterhalt. Regelungen zur Vermögensaussetzung und zum nachehelichen Unterhalt können nach Auffassung des BFH auch ohne Mitwirkung des Familiengerichts geregelt werden und entstehen damit nicht zwangsläufig.
Tipp: Betroffene sollten anfallende Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen geltend machen und gegen abweichende Steuerbescheide der Finanzverwaltung Einspruch einlegen. Aktuell sind beim Bundesfinanzhof hierzu drei Revisionsverfahren (Az. VI R 66/14, VI R 81/14, VI R 19/15) anhängig. Im Rahmen eines Einspruches kann auf diese Verfahren verwiesen und Antrag auf Ruhen des Verfahrens bis zum Abschluss dieser Verfahren gestellt werden.
Mustertext: Einspruch Gegen die Nichtberücksichtigung der Scheidungskosten gem. §33 EStG legen wir hiermit fristgemäß Einspruch ein. Begründung: Bei den hier geltend gemachten Anwalts- / Gerichtskosten handelt es sich um die zwangsläufig entstehenden Aufwendungen für die Auflösung der Ehe. Es gab hier keinen Prozess und auch keine Streitigkeiten zum Unterhalt, Versorgungsausgleich oder der Vermögensauseinandersetzung. Bei den geltend gemachten Aufwendungen handelt es sich damit um außergewöhnliche Belastungen denen sich der Steuerpflichtige nicht entziehen kann und wie angeführt, nicht um „Prozesskosten" im Sinne der Neuregelung des §33 Abs. 2 EStG. Diese Rechtsauffassung verdeutlicht auch der Tenor der Entscheidung des FG Köln (Urteil vom 13.1.2016 - 14 K 1861/15 – Revision beim BFH anhängig). Demnach sind Scheidungskosten weiterhin als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig. Die Anerkennung der Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen begründet der 14. Senat des FG Köln in seinem Urteil damit, dass Rechtsanwalts- und Gerichtsgebühren eines Scheidungsverfahrens nicht unter den Begriff der Prozesskosten fallen. Dies ergebe sich sowohl aus der für Scheidungsverfahren geltenden Verfahrensordnung, wie auch aus der Entstehungsgeschichte der Neuregelung zum Abzugsverbot zu den Prozesskosten.
Mit einem Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung über zu dem v.g. beim BFH (VI R 9/16) anhängigen Verfahren sind wir einverstanden.
In Nachzahlungsfällen: Wegen der berechtigten ernsthaften Zweifel an dem Steuerbescheid beantragen wir die Aussetzung der Vollziehung gem. §361 AO. ....
Nicht unbeachtet sollten bei Streitigkeiten über oder Problemen mit dem Ausgleich von Steuerschulden oder sonstigen Problemen im Rahmen der Steuerveranlagung die Fragen nach der Veranlagungsart und einer etwaigen Aufteilung des Ehegattensteuerbescheides sein (Abrechnungsbescheid, Aufteilungsbescheid).
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7.6.2016
Dieter P. Gonze, Steuerberater